Von
Rechtsanwaltskanzlei Lothar Ruck
Eulenstraße 12
82223 Eichenau bei München
Januar 2012
Wer einen Vertrag abweichend "lebt", riskiert den nachträglichen
Verlust von Rechten!
In einem Mietvertrag über Gewerberaum ist die Monatsmiete als Gesamtkaltmiete in Höhe von 3.727,06 Euro zuzüglich Vorauszahlung auf die Nebenkosten in Höhe von 825 Euro angegeben, so dass sich eine "monatliche Belastung für den Mieter ab April 2005"
in Höhe von 4.552,06 Euro ergibt. Der Mietvertrag enthält eine Zusatzvereinbarung. Diese beinhaltet, dass der Mieter die Räume für Renovierungs- und Umbauarbeiten bereits ab Oktober 2004 nutzen darf und dafür als Entgelt einen Pauschalbetrag zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 16% zahlt. Dieses Entgelt entspricht laut
Zusatzvereinbarung "60% des künftigen Mietpreises"
. Ab April 2005 stellt der Vermieter dem Mieter monatlich 4.551,99 Euro zuzüglich 16% Umsatzsteuer in Rechnung. Ab
Januar 2007 verlangt der Vermieter in den monatlichen Rechnungen Umsatzsteuer in Höhe von 19%. Der Mieter zahlt bis einschließlich März 2009 die Miete in voller Höhe es jeweiligen Rechnungsbetrags. Im Zeitraum April bis Oktober 2009 zahlt der Mieter überhaupt keine Miete und erklärt die Aufrechnung mit seinem angeblichen Anspruch auf Erstattung der von ihm jahrelang bezahlten Umsatzsteuer. Mitte Juli 2009 kündigt der Vermieter das Mietverhältnis fristlos und klagt nach Räumung durch den Mieter die rückständige Miete ein. Er unterliegt beim Landgericht und geht in Berufung. Entscheidung
Mit Erfolg! Das OLG bestätigt zwar, dass nach der Rechtsprechung des BGH der Vermieter ohne besondere Vereinbarung nicht berechtigt ist,
zusätzlich zur Miete Umsatzsteuer zu verlangen
. Das OLG folgt dem BGH auch dahingehend, dass aus einer vom Wortlaut des Vertrags abweichenden Übung des Vertrags nicht ohne Weiteres auf eine Vertragsänderung geschlossen werden ann. Allerdings lässt es das OLG zu,
dass nachträgliches Verhalten einer Partei, hier das des Mieters, für die
Ermittlung des objektiven Vertragsinhalts
herangezogen wird. Das jahrelange Zahlen der Umsatzsteuer durch den Mieter lasse keinen anderen Schluss zu, als dass die Miete zuzüglich Umsatzsteuer geschuldet
war.
Praxishinweis
Der Vermieter hat bei der Gestaltung des Mietvertrags nicht nur den klaren Ausweis der Umsatzsteuer als Bestandteil der Miete unterlassen. Er hat zudem nicht beachtet, dass er zur Sicherung etwaiger Steuervorteile aus dem Vorsteuerabzug den Mieter auch im
Vertrag verpflichten muss, im Mietobjekt selbst nur Umsätze auszuführen, die der Umsatzsteuer unterliegen. Mieter können sich im Übrigen nicht des Mietverhältnisses und damit der Mietzahlungspflicht "entledigen", indem sie keine Miete zahlen und den Vermieter zur fristlosen Kündigung veranlassen. Nach der Rechtsprechung auch des
BGH (IMR 2007, 180
) schuldet der Mieter in diesem Fall als Mindestschaden die Miete, die er bis zur nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit des Mietvertrags geschuldet hätte.
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