Keine Mietminderung wegen Bauarbeiten außerhalb des Mietobjekts ?
Bau- und Renovierungsmaßnahmen sind in deutschen Städten an der Tagesordnung. Wenn in der Nachbarschaft gebaut wird, bedeutet dies für die Anwohner oftmals erhebliche Lärm- und Staubemission. Oftmals kommt es auch zu Verkehrsbehinderung. Dies stört vor allem Gewerbetreibende, welche oftmals aus diesem Grunde die Miete mindern. Solchen Mietminderung wird seitens der Gericht nunmehr zugunsten der Vermieter teilweise Einhalt geboten. So entschied bereits das Landgericht Gießen am 15.12.2010, dass eine Mietminderung wegen Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück hinzunehmen ist, wenn diese bei Abschluss des Mietvertrages absehbar waren. Mit gleichartiger Begründung hat nun das Oberlandesgericht Braunschweig einem Gewerbetreibenden das Recht zur Mietminderung abgesprochen, welches dieser wegen Bauarbeiten an einer benachbarten Kirche geltend gemacht hatte.
Der Fall:
Seit August 2009 fanden an einer benachbarten Kirche Sanierungsarbeiten statt. Hierzu wurden Kirche und Turm eingerüstet und mit einem durchsichtigen Bauzaun umgeben. Der in der Nähe gelegene Gewerbebetrieb nahm die Bauarbeiten zum Anlass, die seiner Vermieterin, der Klägerin, geschuldete Miete erheblich zu kürzen. Die Mietminderung wurde damit begründet, dass durch die mit den Bauarbeiten verbundenen Beeinträchtigungen eine Umsatzeinbuße von mehr als 30 Prozent eingetreten sei. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten die Zahlung der einbehaltenen Miete. Das LG gab der Klage antragsgemäß statt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb vor dem OLG ohne Erfolg.
Die Gründe:
Eine Mietminderung erfordert grundsätzlich einen der Mietsache selbst anhaftenden Mangel. Ein solcher lag aber hier nicht vor, da kein Fehler an dem Geschäftslokal selbst (wie z.B. eine defekte Heizung) geltend gemacht wurde. Außerhalb der Mietsache liegende tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse - wie hier die in Frage stehende Beeinträchtigung durch eine Baustelle - können nur dann ein zur Mietkürzung berechtigender Mangel sein, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache unmittelbar beeinträchtigen. Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, sind nicht als Mängel zu qualifizieren. Störungen des Mietgebrauchs durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück sind nur dann gewährleistungsrechtlich relevant, wenn der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages mit solchen Beeinträchtigungen nicht rechnen musste und sie deshalb als vertraglich ausgeschlossen zu gelten haben. Befindet sich auf dem Nachbargrundstück erkennbar ältere Bausubstanz, ist grundsätzlich mit Störungen durch Bau- und/oder Renovierungsarbeiten auf dem Nachbargrundstück zu rechnen. Dies sah das OLG Braunschweig hier als nicht gegeben an: Denn auf dem Nachbargrundstück habe sich erkennbar ältere Bausubstanz befunden, so dass grundsätzlich mit Störungen durch Bau- und/oder Renovierungsarbeiten auf dem Nachbargrundstück zu rechnen gewesen sei.
Praxishinweis:
Sofern ein Mieter eine Mietminderung geltend macht, sind neben den durch den Mieter einzuhaltenden Formalien auch die grundsätzliche Berechtigung der Mietminderung zu prüfen, da nicht jeder Mangel zu einer Mietminderung berechtigt. Die vorliegende Entscheidung bezieht sich derzeit nur auf gewerbliche Mieter, eine Übertragung dieser Grundsätze auch auf private Wohnungsmieter dürfte jedoch zu erwarten sein.
OLG Braunschweig 18.10.2011, 1 U 68/10
von unserer Kooperationspartnerin: Kanzlei Dr. Stark, Niedeggen & Kollegen, Köln, durch Rechtsanwältin Claudia Schmidt, 09.12.2011
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